
Lektion 6: Den Verstand besänftigen

Wenn du schon eingespielt bist in der Selbst- und Fremdbeobachtung, wirst du erkennen, wann du selbst im Verstand landest und wann dein Gegenüber nur mit seinem Verstand redet. Verstandesgespräche sind wie ein Ping-Pong-Spiel. Der eine Verstand braucht seine Redewendungen und der andere antwortet mit seinen oft gebrauchten Überlegungen auf die Worte des Gegenübers. Du kannst dich da rausnehmen, ohne dein Gegenüber verändern zu wollen. Aber du bist auf einmal still und lässt deinen Verstand nicht mehr reden. Sondern du gehst in die stille Selbstbeobachtung und lässt den anderen weiter reden. Dann fällt der Ping-Pong-Ball runter und das Spiel stoppt. Das Verstandesspiel. Der Vorteil ist, dass du dann bei dir angekommen bist. Denn du bist nicht der Verstand.
Die Stille ist ein idealer Ort, um den Verstand zu besänftigen. Obwohl er sich auch da stark melden kann, diesmal nicht durch ausgesprochene Worte, sondern gedachte Worte. Das sind die Gedanken, die den ganzen Tag „plappern“. Wenn du noch mehr in die Stille gehst, kann der Verstand weiter plappern, aber du gehst nicht auf ihn ein.
Übung ohne Pferd
Erlaube dir still zu werden. Erlaube dir, zu etwas NEIN zu sagen. Und zu dir selbst JA zu sagen. Es darf ruhig werden um dich herum und in dir.
Nimm dir täglich irgendwo Zeit, um nichts zu reden. Die Natur oder die Tiere sind ein idealer Ort für das. Sie haben keinen Verstand. Du kannst an ein Gewässer sitzen und dem Wasser lauschen. Oder Blumen riechen. Feines Essen schmecken. So brauchst du andere Sinne als den Verstand und gibst ihnen mehr Aufmerksamkeit. Konzentriere dich auf deine Füsse, wie sie mit dem Boden verbunden sind und ihre Wurzeln in den Boden hinein wachsen. Bewege deine Zehen und fühle, wie das ist. Berühre deine Fusssohlen und massiere sie ein bisschen. Schaue deine schönen Beine an und fühle in sie hinein.
Wenn du die Aufmerksamkeit mehr im unteren Teil deines Körpers lenkst, kommt die Energie vom Kopf nach unten und du wirst ruhiger. Probiere es mal aus.
Das kannst du auch ausprobieren, wenn du mit jemandem redest. Du bist dann auch auf deine Füsse fokussiert, mehr als nur auf die Worte des anderes. Schaue mal, wie sich das anfühlt und was sich in dir verändert.
Übung mit Pferd
Stehe oder sitze vor ein Pferd und höre ihm beim Fressen zu. Konzentriere dich auf die Kaubewegungen, zähle wie oft sie kauen, bis sie wieder neues Heu aufschnappen. Beobachte die Nüstern des Pferdes und wie sich alle Maulmuskeln und Haare bewegen. Probiere es einmal, nach zu machen. Schaue dem Pferd in die Augen und fühle dich in es hinein. Wie fühlt es sich? Wie fühlst du dich?
Wenn dein Verstand dich in eine Aktion bringen möchte, sehe davon ab. Mache nichts. Konzentriere dich wieder auf das Pferdemaul, oder auf die Ohrenbewegungen, auf den Schweif. Berühre das Pferd mit einer Hand und fühle, wie sich das anfühlt. Rede nichts und erwarte nichts.
Du kannst dabei beobachten, welche Gedanken die ganze Zeit trotzdem weiter reden. Gib ihnen keine Aufmerksamkeit und nimm sie nicht ernst. Atme ruhig in dich hinein und beobachte den Atem des Pferdes.
An einem anderen Tag gehst du in eine Aktion mit dem Pferd, longieren, putze, führen oder spazieren. Am Ende der Arbeit sitzt du irgendwo in Ruhe hin, und fühlst hinein, wie sich das angefühlt hat im Gegensatz zum vorherigen Tag der Stille.
Du wirst erkennen, wie viel mehr Ruhe und Geborgenheit und Selbstliebe du und das Pferd erfahren. Nicht im Verstand zu sein bietet den Luxus der wahren Verbindung. Das ist Liebe.
